Katrin Gerlof "Teuermanns Schweigen"

-->Ich liebe Bücher und bewundere jeden, der die Gabe besitzt, ein gutes zu schreiben. Ganz genau kann ich mich deshalb an den Tag erinnern, als ich mal wieder meinen Tagesfrust in einem Kaufrausch ertränken wollte. Der Ort meiner Wahl: Dussmann – der Bücherkonsumtempel schlecht hin. Ich streife dort also so durch die Gänge, bleibe an diesem Regal stehen, mal an jenem. Plötzlich entdecke ich auf einem der Büchertische einen Namen, den ich kenne. Kathrin Gerlof steht da. Und ich nehme das Buch in die Hand und denke „Das gibt es doch nicht, hat sie es also wirklich gemacht und ein richtiges, echtes Buch geschrieben.“ Und „Hey, ich kenne ein Schriftstellerin!“. Dabei fühlte ich einen Stolz, als hätte ich das Buch selbst geschrieben. Das Buch war „Teuermanns Schweigen“. Ich habe es sofort gekauft und seit dem viele Male verschenkt.

Kathrin Gerlof kann schreiben, mit großer Wahrscheinlichkeit alles, was es zu schreiben gibt. Ich habe von ihr Artikel gelesen, kurze Werbetexte, Porträts, Reportagen,Texte für Internetseiten und jetzt eben Bücher. Keine Ahnung, ob das für sie, so wie für mich, etwas ganz Besonderes ist oder ob es für sie herausfordernd war. Was ich weiß ist, dass ihr ein ganz fabelhafter Roman gelungen ist.

Das Buch beschreibt die Heilung vom Zynismus durch das Geschichtenerzählen. Ein schöneres Credo kann man seinen Lesern als Autorin ja eigentlich gar nicht mitgeben. Die Welt, die Gerlof beschreibt, ist ziemlich trübsinnig, eben so, wie die ostdeutsche Realität tatsächlich sein kann. Sie lässt nichts aus, nicht die peinlichen Gipssäulen in den vielen plötzlich wie Pilze aus dem Boden geschossenen griechischen Restaurants, nicht den Eifer mit dem Ostdeutsche sich Wappen an ihre viel zu hohen Eisenzäune zimmern. Wie man plötzlich kommunikativ sein soll und mit flachen Hierarchien umgehen will, wo doch alle noch klar hierarchisch ticken. Da scheint es nur zwei Möglichkeiten zu geben: Heulen oder eben Zynismus pur.

Katrin Gerlof offeriert ihren Lesern eine andere Alternative. Hört einander zu, redet miteinander, phantasiert, tröstet Euch, erzählt Euch Geschichten. Denn solange eine Geschichte in Deinem Kopf ist, ist noch Leben in Dir. So jedenfalls sieht Teuermann es und wohl auch Katrin Gerlof.

Sie zeigt uns, wie das gehen kann. Markov und Teuermann tun nämlich genau das. Sie erzählen einander Geschichten. Mehr oder weniger jedenfalls (Teuermann ist etwas redseliger.). Keiner von beiden weiß, ob das Erzählte erfunden ist. Schrieb das Leben diese Pointe oder hat der andere sie nur erfunden? Es obliegt dem Zuhörer bzw. dem Leser zu entscheiden. Dieses Prinzip macht sich die Autorin auch selbst zu Eigen. Man weiß nicht, ob Markov Frau oder Mann ist, unklar bleibt, wie es mit den beiden weiter geht, nachdem sie ihrer beiden Leben radikal geändert haben. Das finde ich in Büchern oft unbefriedigend, hier aber gar nicht. Es ist das logische Ende dieser Geschichte.

Es bleibt Teuermanns Schweigen.

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